14.07.2013

Soziale Kompetenzen online. Oder: Wer schreit hat nicht immer recht



Achtung, es folgt ein roman-artiger Text, an dem ich bereits mehrere Tage geschrieben habe und über den ich bereits mehrere Wochen nachdenke.
Nehmt euch Zeit ;)
Und wenn nicht, lasst es bleiben.




Noch vor einiger Zeit haben wir hier und dort mal geschrieben dass ziemlich viele Informationen über jeden erdenklichen Aspekt des täglichen Lebens im Internet zu finden sind, uns speziell betreffend was Katzenhaltung angeht, propagieren wir das natürlich noch zusätzlich und haben mehr als einmal auf das blaue Katzenforum verwiesen in dem wir aktiv sind.



Oder waren, denn Überraschung: Nach über drei Jahren, fast 9.000 geschriebenen Beträgen, zu vielen Nerven die nach endlosen Debatten unwiderruflich hinüber waren, aber natürlich auch nach vielen Lachern, tausenden bestaunten Fotos und der ein oder anderen guten Tat – bin ich nun raus. Und das schon seit einer Weile.
Über meine Gründe dafür möchte ich mich eigentlich, wenn überhaupt nur am Rande auslassen, es geht mir um etwas ganz anderes.
Aber ja, mein Konto ist gelöscht, zusammen mit all meinen Beiträgen, allen Fotos usw.
Das wars. Hurray!




Ich habe ja bereits vor einer ganzen Weile einen kleinen Artikel darüber geschrieben, wie entspannt ich mittlerweile beim Thema Fütterei geworden bin und natürlich zieht sich das auch über andere Aspekte meines Lebens mit den Tigern. Das heißt natürlich nicht, dass ich jetzt nicht mehr nachdenke oder irgendwelche unüberlegten Entscheidungen treffe, aber ich merke auch ganz deutlich dass ich manche Dinge nicht mehr so super ernst nehme, besonders wenn ich anderen Leuten Tipps gebe (sofern ich darum gebeten werde).
Und ich kann mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass ich diese Mentalität nicht aus dem Internet habe.
Ich erwische mich ja öfter in meiner Freizeit, wie heute an diesem angenehm langweiligen Sonntag dabei, wie ich doch mal einen Blick zurück in jenes Forum werfe, mal quer lese was denn grad so intensiv besprochen wird und dann denke: Vor 2 Jahren hättest du genau das selbe geschrieben.
Hardcore, drauf hauen, Ich-weiß-es-besser, wer nicht hört ist doof und du musst meine Fakten als richtig annehmen ansonsten bist du unbelehrbar.
Und woher hab ich das? Ich bin zwar auf sehr vielen anderen Seiten im Netz unterwegs gewesen in dieser Zeit, habe Unmengen gelesen, hab auch das ein oder andere nützliche Buch hier stehen, habe mich mit Züchtern und Tierschützern unterhalten, genauso wie mit anderen langjährigen Haltern – aber alle Informationen, die ich in meiner Anfangszeit dort aufgeschnappt und verinnerlicht habe, blieben bis zum Schluss das unangefochtene Non Plus Ultra der Weisheiten über Katzenhaltung.

Ganz unabhängig davon, dass es mit Sicherheit wichtigere Dinge gibt als sich über Nährwertangaben auf Tierfutterdosen und erbspezifische Krankheiten bei der Haustierzucht Gedanken zu machen, Hobby bleibt Hobby, das ist ja wohl klar. Wer leidenschaftlich gerne Miniatureisenbahnen sammelt oder stundenlang Vögel beobachtet, dem erzählt man ja auch nicht, dass er seine Zeit sinnvoller verbringen könnte.
Vergessen wir das mal nicht.


Aber ein bisschen sehr radikal war ich ja dann doch. Zeitweise, vielleicht bin ich es in vielen Dingen immer noch, gelernt ist gelernt.
Und wenn ich so mal ins Forum oder sonst eine Diskussion irgendwo online rein lese, erwische ich mich einerseits immer noch dabei wie ich mich in einem Moment der totalen Frustration über das Gelesene gerne nochmal fix anmelden und denjenigen gerne mal verbal verhauen möchte.
Finde ich das nicht bedenklich?
Doch, ja natürlich.
Mein Drang bzw. mein Bedürfnis andere Leute aufzuklären über die Dinge über die ich nun ziemlich gut bescheid weiß, ist ungebrochen, nur meine Herangehensweise hat sich sehr verändert.


Und andererseits sehe ich dann dort User/Schreiber, die gut und gerne eine Kopie meines Foren-Ichs vor 2 Jahren sein könnten: Predigen, predigen, predigen. So und nicht anders muss dieses und jenes getan werden.


Alles was 4 Beine hat gehört kastriert.
Nach 2 Mal kotzen geht’s zum Tierarzt.
Wer nur Trockenfutter füttert könnte auch gleich gemahlene Glasscherben in den Napf kippen.
Ein 9 Monate alter Kater kann unmöglich Einzelgänger sein.
Wer nicht zuerst im Tierheim nach Katzen guckt, der verdient keine Katzen.
Und wer die halbverhungerte Katze vor der Tür füttert wird automatisch dessen Besitzer und ist deswegen auch schuld wenn sie dann auch bald stirbt.


Und so weiter. Wer widerspricht wird weiter mit Weisheiten bombardiert, wer keine Einsicht zeigt ist unbelehrbar.
Und ist ja auch nicht so als wäre mal alleine. Ist man nie im Internet. Hinter dem eigenen Fließtext voller unwiderlegbarer Fakten kommen noch mindestens 5 weitere Seiten Text anderer User, mit dem selben Inhalt, Ton variabel, meistens mit dem Trend Richtung LAUT, provozierend und belehrend.

Das betrifft nicht alleine das Forum, es geht anderswo genauso weiter, seien es private Unterredungen, Seiten mit Kommentar-Funktion oder Facebook-Gruppen zum Thema.
So und nicht anders muss es getan werden. Weil es sich so und so logisch belegen lässt.

Und die Moral?
Gibt keine. Wer hinterfragt, hat nichts gelernt. Wir haben ja schon das Maximum an Wissen verinnerlicht, wenn die anderen das nicht verstehen wollen und lieber auf die Meinung des studierten Veterinärmediziners hören, sind sie selber schuld. Das ist ja eh das Todesurteil für das Tier.




Letztlich haben andere Dinge dafür gesorgt, dass ich mich aus einem großen Teil dieser Welt im Kleinen verabschiedet habe und nun, mit mehreren Wochen Abstand sitze ich nun hier, lese mal wieder rein und denke mir:
Muss das sein?

Ich möchte nicht von Gehirnwäsche reden, keines falls. Aber ein bisschen wirkt es so als würde mein Kopf allmählich aufklaren. Vielleicht hat es ja wirklich einen ganz ähnlichen Effekt wenn man sich wie ich damals täglich mehrere Stunden in diesem geschlossenen Kreis bewegt mit den immer wieder kehrenden Mantras zu den kritischen Themen, die so wunderbar vielfältig erklärt werden, dass man sie glauben muss.
Versteht mich nicht falsch, es ist es selbstverständlich alles richtig.
Ich kann euch nach wie vor runterbeten was im Trockenfutter drin ist und wie der Verdauungsapparat einer Katze genau funktioniert.
Es sind Fakten und keine Meinungsmache.
Meinungen kann man zu anderen Sachen haben, Fakten sind Fakten. Entweder man kann sie widerlegen oder eben nicht.
Aber zu radikal darfs im Umkehrschluss nicht werden.
Wer bin ich denn wenn ich von mir behaupte ein umfangreiches Wissen zu einem bestimmten Thema zu besitzen, aber nicht in der Lage bin es auf einer vernünftigen Basis weiter zu geben und stattdessen behaupte mein Gegenüber hätte den Intellekt einer Banane weil er unter meinem dreisten Vorgehen und meine Forderung Einsicht zu zeigen nicht sofort einlenkt. Wenn ich seine Fragen die seinem Verständnis dienen, nicht beantworten kann.
Teilweise kommt man vielleicht sogar noch auf den Gedanken derjenige würde sich einen Spaß mit mir erlauben und mich „trollen“, weil er Fragen stellt die aus meiner Sicht längst geklärt sind.
Oder von vorne herein einen Kardinalsfehler begeht (Kitten mit RC-Trofu von Anfang an ernährt und gut gefunden; Kitten mit 7 Wochen vom „Züchter“ alleine geholt, Katze mit 9 Monaten erstmals werfen lassen...) den man nach all der Zeit für total idiotisch hält, das muss ein Fake sein - sowas WEISS man doch!

Wie kann man das immer noch machen? Leben wir denn noch im Mittelalter?
Wenn du genau drüber nachdenkst, wirst du alleine erkennen, dass das dumm war.
Wie, du findest das gut?
Das wissen wir aber schon seit langen Jahren, dass das so nicht geht.
Wie, noch nie davon gehört? Hast du dich nicht informiert VORHER?
Du schlechter Mensch!


Mal ganz davon abgesehen dass die wenigsten Menschen besonders kritikfähig sind wenn man direkt an sie heran tritt mit den Worten: „Tja da hast du aber alles falsch gemacht was man so falsch machen konnte.“ Vor allem wenn es das erste Mal ist dass sie das hören. Das kommt häufiger vor als man denkt wenn man sich lange Zeit nur in diesem ultra-aufgeklärten Mini-Universum des Wissens befindet. Man hat Jahre damit verbracht selbst zu lernen und andere zu beraten, müssten die es nicht langsam mal alle verstanden haben?

Scheinbar erlischt jede Art von sozialer Fähigkeit wenn man sich lang genug in einem geschlossenen Kreis von Menschen mit der selben Auffassung bewegt. Irgendwie wird es mit der Zeit auch immer schwerer zu begreifen, dass es in der Welt außerhalb ganz anders aussieht.
Und das lässt sich jetzt natürlich auch noch ausweiten auf alles andere außerhalb vom „Hobby Katze“.




Drei Erlebnisse aus den letzten Wochen haben mir eins ganz deutlich gemacht: Selber denken ist wichtig! Mitdenken ist wichtig. Und noch viel wichtiger: Reinfühlen und mal kurz nachdenken wie das was man eigentlich sagen wollte beim Gegenüber ankommen könnte.

Ich wurde in letzter Zeit von 3 verschiedenen Menschen angesprochen, die mich um meine Meinung zu verschiedenen Themen rund um Katzenhaltung gebeten haben:
Anschaffung, Trächtigkeit & Geburt und Ernährung.

Die drei Themen bei denen es laut meiner Erfahrung immer knallt, weil es unheimlich viele alte, mittlerweile widerlegte Halbwahrheiten zu den Themen gibt, die sich ziemlich schwer ausmerzen lassen.
Und jedes Mal war ich überrascht über den Verlauf des Gespräches was womöglich daran liegt, dass ich sie alleine mit diesen Personen geführt habe, ganz in Ruhe, ohne dass sich ein weiteres Dutzend Leute einmischen konnte.


Thema eins, Anschaffung, kam vor einigen Wochen via Facebook zustande, als ich in einer Gruppe zum Thema „Zuhause gesucht“ mit diskutiert habe. Wie so oft verzweigte sich das Gespräch schnell in andere Richtungen und so wurde ich letztlich privat zusammen mit einer Freundschaftsanfrage angeschrieben und nach vielen Dingen gefragt, weil die Person vor hatte sich mit ihrer Familie ein oder zwei Katzen anzuschaffen.
Hab geantwortet, auf diverses hingewiesen, wollte selber einiges wissen, hab auch ein bisschen von mir geschrieben, ganze Linkssammlungen weiter gegeben, Fotos gezeigt, manchmal auch verbunden mit Hinweisen ala „Guck mal so kanns gehen...“ und letztlich zog dort ein scheuer Halbstarker ein der sich auf geduldige Menschen und eine schöne Freigänger-Gegend freuen darf.
Da das alles letztlich über ein paar Tage lief und ich meistens nicht groß überlegt hab beim schreiben, hab ich später mal drüber gelesen und mich gefragt wie das ganze wohl verlaufen wäre wenn mir diese Person mit all ihren Fragen in einem großen Tier-Forum über den Weg gelaufen wäre bzw. wenn ihre Fragen dort gestellt worden wären wo noch andere „Experten“ hätten mitreden können.
Denn auch hier hab ich natürlich so ein paar kritische Gedanken geäußert (Einzelhaltung, ist die Gegend wirklich freigängertauglich, der Kerl ist scheu – könnt ihr ihm geben was er braucht usw...), was gerne mal richtig schief laufen kann, wenn auf der einen Seite zu wenig Feingefühl und auf der anderen Seite zu wenig Verständnis vorhanden ist.
Die Lösung die da letztlich gefunden wurde, wäre im Forum wahrscheinlich auf den ein oder anderen empörten User gestoßen, ich kenne solche Diskussionen zu genüge um relativ genau voraus sagen zu können wie sie verlaufen: In 95% der Fälle ist der Suchende letztlich zufrieden und findet was er sucht – unabhängig zu was und wie eindringlich geraten wurde. Und wird glücklich.
Daneben schreien in 70% der Fälle lang- und mittellangjährige User Zeter und Mordio weil der Fragende letztlich vielleicht einen ganz eigenen Weg eingeschlagen hat (in diesem Fall war es der halbstarke aber scheue Kater aus dem Ausland, der dann raus darf, obwohl ich zunächst mehrfach zu zwei Tieren geraten hatte).
So. Hier ging letztlich alles gut. Auch ohne dass ich beleidigt von dannen ziehen musste weil mein Rat gehört aber nicht praktisch umgesetzt wurde.
Muss ich deshalb um mich schlagen und (wie so oft) Stein und Bein schwören, dass das garantiert auf irgendeine Weise schief gehen muss oder das Tier es besser haben könnte, weil nicht die aus meiner Sicht 100%ig beste Lösung gewählt wurde?
Nein.
Warum wird es trotzdem gemacht?
Ist man, weil so viel schlauer, auch gleich ein so viel besserer Mensch?

Mein erstes post-Forum-Beratungsfazit: Ach guck an, andere Menschen denken auch mit und machen ihre eigenen Erfahrungen, treffen Entscheidungen, die für sie die richtigen sind und verbinden das mit dem zusätzlichen Ratschlägen, die ich gegeben hab. Cool.
(Nachtrag Mai '14: Besagter spanischer Kater hat nun übrigens noch 2 passende Kumpels bekommen und alle drei werden demnächst gebarft. Ich nenne das: Mein Meisterwerk.)


Thema zwei, Trächtigkeit & Geburt, kam letztens auf einer Reise zustande.
Das schwierigste Thema wo ich nach wie vor eine ziemlich radikale Einstellung vertrete und auf der anderen Seite war es das angenehmste und erfolgreichste Gespräch. Verwunderlich, denn das Thema ist so empfindlich wie kaum ein anderes in dem Bereich.
Es fing damit an dass ich von einer Person angesprochen wurde, was für Katzen ich hätte und auf meine Antwort „Coonies“ folgt: „Oh ja, so eine hab ich auch, ich hab sie vor ein paar Wochen decken lassen.“
Meine Miene hat sich vermutlich ziemlich verdunkelt, aber letztlich entwickelte sich daraus ein stundenlanges, äußerst erfreuliches Gespräch.
Die Person wusste bereits einiges und hat eigentlich viel von dem gemacht was ein guter Züchter auch machen würde: Das Tier befand sich in einem guten Alter und wurde sogar auf HCM geschallt (da kam auch direkt hinterher dass man auch wisse, dass sich diese Krankheit erst später entwickeln kann und es trotz einmaligen Schall weiter unsicher wäre). Ein weibliches Kitten sollte der bis dato einzeln gehaltenen Mama auch gelassen werden, danach gäbs auch keinen weiteren Wurf usw.
Meine Flut an Informationen wurde sehr dankbar angenommen, einiges notiert, eine Fülle von Fragen kam zurück und letztlich wurde auch auf meine Hinweise und Anmerkungen ehrlich eingegangen (hätte nicht sein müssen, kann so und so schief gehen...).

Selbstverständlich ist all das trotzdem kritisch zu sehen: Die Person ist kein Züchter und hat keinen Mentor, es wurde weder Ahnenforschung betrieben noch Blutgruppenbestimmung, es braucht überhaupt keine weiteren Kitten von Privatleuten und über die Seriosität des Kater-Besitzers schweigen wir auch wohlweislich.
Alles in allem hätte es nicht sein müssen.
Aber was ist klüger: Drauf schlagen und drauf beharren, dass das Tier dringend kastriert gehört und dass die Person wahnsinnig naiv und unverantwortlich gehandelt hat, belehren und immer wieder predigen, dass das alles dumm ist und nie wieder passieren sollte?
Oder einsehen, dass es sich eh nicht rückgängig machen lässt, eine späte Kastra für die Person keine Option darstellt und lieber alles an Wissen hergeben, so viele Tipps wie möglich geben und dafür sorgen, dass bis es soweit ist alles soweit richtig und ordentlich verläuft? Und nebenbei auch anerkennen, dass sich hier wirklich auch Gedanken gemacht wurden? Soviel Zeit muss sein, es gibt schlimmere, gedankenlosere Menschen in deren Händen sich hilflose Tiere befinden, denen eher Vorwürfe gemacht werden sollten als Leuten die einfach nur eine etwas zu romantische Sicht auf Haustiere und Mutterdasein haben und sich wenigstens vorher etwas informieren und das Ganze nicht zu unüberlegt angehen.





Ich bin da ziemlich verklärt. Natürlich weiß ich eigentlich ZU viel um ruhig zu bleiben wenn es um die Vermehrung von Haustieren, insbesondere Katzen geht. Ich kenne genug Horror-Storys, ich hatte bereits ein (totes) neugeborenes Kitten mit offenem Bauch in der Hand, ich habe von Geburt an schwer kranke Kitten gesehen und das Leid der betroffenen Menschen mitgefühlt, die sich für diese Wegwerfprodukte der Tiervermehrer einsetzen und dann doch viel zu oft den Kampf gegen das Schicksal verlieren. Kurz: Ich hasse es wenn die Leute noch immer nicht nachdenken. Und wenn sie es tun, dann in die falsche Richtung.
Ich habe an anderer Stelle bereits geschrieben wie es aussehen würde, wenn ich mitbestimmen dürfte, aber darum geht es nicht.

Trotz allem: Was haben wir denn gekonnt, wenn wir uns darauf versteifen, dass manche Dinge in unseren Augen falsch laufen? Was haben wir mit unzähligen Anschuldigungen, Anfeindungen und Predigten erreicht?
Nichts, außer dass die Leute, die wir gerne bekehrt hätten, letztlich nicht einlenken sondern zu machen, verschwinden und ihr eigenes Ding machen.

Wenn die sicher bald geborenen Kitten durch die Ratschläge, die ich der Person auf den Weg gegeben habe, nun aber eine klein wenig bessere Zukunft erwarten (als sowieso schon, wie gesagt hier handelte es sich nicht um einen Mir-egal-Vermehrer den es nicht kümmert was passieren kann), wenn alles gut geht weil ich auf ein paar Dinge hingewiesen habe, an die vorher nicht gedacht wurde.
Wenn es so kommt wie es nunmal kommt, aber eben auf eine klein wenig bessere Art und Weise. Dann ist der Wert des Ganzen immer noch größer als wenn ich mich lediglich profiliert hätte mit Pseudo-Weisheiten wie ICH es gemacht hätte und wie nicht. Das hat null Effekt. Und wenn dann den Gegenteiligen.

Man darf nicht vergessen dass Tierschutz in weiten Teilen der Bevölkerung immer noch einen eher zweifelhaften Ruf hat. Es existiert noch immer das Bild von radikalen, Mehl verwerfenden, veganen Peta-Öko-Tussis, anstatt den vielen tausenden helfenden Händen die es leider trotzdem nicht schaffen allen leidenden Vierbeinern zu helfen.
Ich bin kein aktiver Tierschützer, ich bin auch kein Vegetarier, ich bin nicht mal besonders umweltbewusst, aber ich bemühe mich zumindest im Kleinen etwas zu bewirken. In diesem Falle eben Wissen mit anderen zu teilen, Mythen und Halbwahrheiten aus den Köpfen der Leute zu wischen und damit vielleicht kleine Verbesserungen für die Tiere der Leute, die sich mit mir unterhalten, herbeizuführen.

Es gibt so eine wunderbare kleine Geschichte, auf die man öfter mal im Netz stößt:


Seesterne am Strand - "What makes a difference" 

Ein alter Mann kommt früh morgens an den Strand. In der Ferne sieht er einen Jungen, der am Strand entlang geht und sich immer wieder bückt und etwas ins Wasser wirft.
Beim Näherkommen sieht der alte Mann, dass es Seesterne sind, die nachts angespült wurden und die der Junge ins Meer zurück wirft.
"Was machst Du da", fragt der alte Mann den Jungen.
"Ich werfe die Seesterne wieder zurück ins Wasser. Die Sonne geht gleich auf und wenn sie dann noch hier am Strand liegen, dann vertrocknen sie" antwortet er.
"Aber", sagt der alte Mann "hier am Strand liegen Tausende und Tausende von diesen Seesternen. Da macht es doch keinen Unterschied ob du diese paar hier ins Wasser wirfst".
Nachdenklich hob der Junge wieder einen Seestern auf, betrachtete ihn und warf ihn ins Wasser. Dabei sagte er: "Für diesen hier macht es einen Unterschied".



Das lasse ich mal so stehen.





Das letzte Thema, Ernährung ist wie die meisten sicher wissen mein Lieblingsthema, aber diese dritte Begebenheit war diesmal eine ganz andere, erstens weil die Person diesmal eine Freundin von mir war und zweitens weil mir das Thema insgesamt sehr nahe ging.


Es geht um Kira, eine wunderhübsche kleine Hauskatze von 4 Jahren die zusammen mit ein paar Nagern und ihrer „Mama“ lebt und leider leider in einem Körper gefangen ist, der ihr das Leben richtig schwer macht.




Ich kenne Kiras "Mama" schon eine kleine Weile und wir haben uns schon als wir uns kennen lernten ein wenig über die kleine Maus unterhalten.
Ihr Problem ist, dass sie wohl von Geburt an einen Immundeffekt hat, der ihr letztlich das Leben ziemlich schwer macht und der wohl (vermutlich) ihrem Bruder bereits in jungem Alter das Leben gekostet hat.

Kira kam im viel zu jungen Alter von 7 Wochen zu ihrer „Mama“, leider auch in Einzelhaltung, aber das lassen wir jetzt mal außer Acht.
Ihre Ernährung bestand zunächst wie die vieler anderer Hauskatzen aus Nass- und (hauptsächlich) Trockenfutter, bis sie mehr und mehr Allergien entwickelte.
Das Ganze steigerte sich letztlich hin bis zum hypoallergenen Zustand, laut Bluttest allergisch gegen ALLES, und als sie schließlich nicht mal mehr Hills d/d vertrug musste umgestellt werden auf etwas was wir Schonkost nennen, also gekochtes Huhn (und Fisch).
Das diese Ernährung erstens zu einseitig ist (und Fisch keine adäquate Proteinquelle darstellt) und zweitens gefährlich ist da nahezu alle lebenswichtigen Nährstoffe fehlen und es so langfristig zu schwersten Mangelerscheinungen kommen kann, dürfte wohl jedem klar sein, war es auch "Mama" und dem Tierarzt, aber zunächst war es wichtiger ein Futter für Kira zu finden, das sie wenigstens verträgt. Der Allergietest auf Huhn war zwar auch positiv aber zumindest führt Huhn (noch) nicht zu Durchfall und Kotzerei.

An diesem Punkt hat sich Kiras "Mama" an mich gewandt mit der Frage ob ich einige Tipps für sie hätte, denn sie wüsste absolut nicht mehr weiter.
Ich war natürlich mehr als erschrocken darüber wie nun alles gekommen ist, ich wusste ja dass die Kleine ziemlich empfindlich ist, aber dass nur noch Schonkost rein ging (und drin blieb) war dann doch ein riesen großes, rot blinkendes Alarmzeichen.
Kiras Unverträglichkeit äußerte sich durch absolut wässrigen Durchfall oder Kotzerei, erschwerend kommt noch hinzu dass die Kleine keine besonders starken Nerven hat, soll heißen dass sie auf die kleinsten Stressbelastungen durch laute Nachbarn, Tierarztbesuche oder kranke Mittiere mit Fell ausrupfen, besonders am Schwanz reagiert. Zu dem ist Kira ein kleiner Neurotiker deren Tagesablauf möglichst gleich bleiben muss, die nur Futter aus der Hand nimmt und zudem auch noch mäkelig ist. Mal ganz davon abgesehen dass sie, wenn „Mama“ oder ihre Mit-Nager krank sind ebenfalls kränkelt. Ganz zu schweigen von ihrer chronischen Gastritis.

Kurz: Eine Katze wie ein einziges riesengroßes Chaos.

Das erste was ich gemacht hab ist „Mama“ dazu zu bringen sich bei dubarfst.eu anzumelden und ihren Fall so detailliert wie möglich ins Forum zu stellen. Promt gab es natürlich noch einen Haufen Tipps (die ein oder andere Belehrung war auch dabei, aber gegen dieses Forum kann man absolut nichts sagen). Am nächsten Tag traf ich mich mit ihr, sie bekam meine große Dose mit Taurin, sortenreines Futter (Ropocat Sensitiv + Hermanns) war bestellt und wir entwickelten einen Schlachtplan für die nächsten Tage. Ebenso schrieb ich ihr ein paar Sachen auf, die sie ihren Tierarzt fragen sollte.
Mein dringendster Verdacht war ein eosinophiles Granulom, da mir die Symptome um die heftige Unverträglichkeit bekannt vorkam, es sich so oft in so unterschiedlicher Art und Wiese zeigte und ich eigentlich hoffte, dass es sich mit einer sortenreinen und pflanzen-freien Ernährung schnell bessern würde, aber die absolut niedrige Leukozytenzahl belehrte uns schnell eines besseren.
FIV und Leukose negativ, mehrfach getestet.
Feliway-Zerstäuber brachte nur mäßige Besserung.
Da sie häufiger kleine Infekte hat und so bereits mehr als eine Behandlung mit Antibiotika durch hatte, dürfte das noch eine extra Belastung dargestellt haben.
Wenigstens vertrug sie (wie vorhergesagt) das Taurin im Futter problemlos, die meisten weiteren wichtigen Stoffe sollen in der nächsten Zeit folgen und auch das Hermannsfutter wurde angenommen, doch der nächste Hammer folgte direkt hinterher:

Die Kleine hat Knochenkrebs, der bereits gestreut hat.
Ein Schlag ins Gesicht, besonders für Kiras „Mama“.
Und so ziemlich das Traurigste was ich in letzter Zeit gesehen und erlebt habe.





Nun stellt sich natürlich die Frage was das mit dem großen Thema dieses „Romans“ zu tun hat. Selbst im aggressivsten Forum hätte man Kiras „Mama“ keinen Vorwurf machen können, sie hat einen super kompetenten Tierarzt, scheut sich auch nicht davor Zweitmeinungen einzuholen und geht generell für ihre Tiere bis über ihre eigenen Grenzen hinaus, was ich im übrigen absolut bewundernswert finde.
Einzelne Hardcore-Kritiker hätten sicher immer noch etwas gefunden, aber dieser Fall ist absolut beispielhaft dafür dass es letztlich völlig egal ist was schief lief, wichtig war was man jetzt tun kann, ungeachtet der Hintergründe.
Denn was hätte Kiras „Mama“ denn bitte noch anders machen sollen? Kira wäre ein genauso körperlich sensibles Tierchen gewesen wenn sie die üblichen 14 Wochen bei ihrer Mutter hätte bleiben dürfen. Da hatten wohl andere genetische Faktoren mehr zu sagen.
Ob sie nervlich genauso supersensibel geworden wäre wenn sie von Anfang an mit einem passenden Artgenossen aufgewachsen wäre, so wie es sich gehört und wie es eigentlich Voraussetzung für eine gesunde psychische Entwicklung wäre, kann ich nicht beantworten. Für diese Entwicklung sind mit Sicherheit noch andere Faktoren entscheidend gewesen, sicher auch ihre „Mama“ selbst, darauf gehe ich jetzt aber nicht weiter ein.
Mit Sicherheit hätte es ihr besser getan, aber an ihrem Schicksal hätte es nichts geändert.

In dieser letzten Geschichte vereinen sich ziemlich tragisch einige wichtige Punkte über die in Haustierforen heiß diskutiert werden: Anschaffung, Haltung und Ernährung, geistige Entwicklung bzw. Förderung, Genetik und medizinische Betreuung usw.
Aber letztlich hätte man hier gar nichts diskutieren können.
Es ist wie es ist. Und das sage ich nicht weil ich Kiras „Mama“ persönlich kenne und mit Freunden evtl. anders rede als mit Fremden, was nicht so ist.


Die Anonymität des Internets erlaubt den scheinbaren Experten einen raueren Ton, es fordert sie wohl oft auch dazu heraus Dinge anders zu formulieren als es vielleicht angebracht wäre und als man es vielleicht offline tun würde. Man hat ja keine Konsequenzen zu befürchten.
Auf der anderen Seite kommen offline eher selten so viele Menschen mit ähnlichen Interessen und ähnlichem Wissensstand zusammen und formen einen so intensiven kleinen Mikrokosmos.
Möglich dass hier eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle spielen, ich weiß nicht wie es anderswo in anderen Ecken des Internets zu geht. Vielleicht liegt es an der Masse an Frauen, vielleicht weil man mit Lebewesen emotionaler umgeht als mit Technik o.ä. Vielleicht ist auch alles nur Zufall, obwohl es sich auffällig wiederholt, egal ob in einem großen Forum oder einer FB-Gruppe.

Auffällig finde ich eben nur, dass in diesem konzentrierten Menschenkreis eine Radikalisierung stattfindet, die vielleicht bei Tier-Themen nicht sonderlich schlimm sind, die aber bei anderen vielleicht auch gefährlich werden kann. Aber da schweife ich zu sehr ab.




Mein Fazit aus all dem ist folgendes:
Online mit anderen zu kommunizieren ist einfach. Es macht eindeutig mutiger, was sich bei einigen auch im Ton niederschlagen kann. Das ist völlig logisch und nicht zu leugnen, es betrifft nur vielleicht nicht jeden einzelnen, dafür aber einige.
Ich habe kürzlich ein großes Forum verlassen, da ich keine Lust mehr hatte mich mit Leuten abzugeben die irgendwie den Blick auf das Wesentliche verloren haben, die meiner Meinung nach ein wenig zu gerne ihre radikale Haltung zum Besten geben, sich liebend gerne profilieren (und es dann abstreiten) und manchmal offenbar auch ein wenig streitlustig sind. Das ist aber allein meine Meinung.
In dieser Hinsicht möchte ich niemanden bekehren. Es reicht wenn ich das in anderen, nützlicheren Dingen versuche.
Die Tatsache dass ich aber in letzter Zeit wesentlich positivere Gespräche über die selben Themen geführte habe, über die ich auch drei Jahre lang in jenem Forum gestritten und diskutiert habe und die alle samt wesentlich angenehmer und erfreulicher ausfielen als die des letzten halben Jahres online, hat mir ebenso die Augen geöffnet wie jede Beschwerde anderer User über den Ton. Und diese Beschwerden gab es bereits zu den Gründungszeiten dieses Forum.
Scheint also kein Trend zu sein, sondern eher eine Verhaltensweise die manch einer sich online zulegt.
Ich habe es mitgemacht und mich auch oft genug mitziehen lassen. Ein bisschen traurig ist das leider schon. Nichts desto trotz habe ich wohl nichts verlernt, die Zeit hat sich trotzdem für all das Gelernte gelohnt und dafür dass ich über das Forum meine liebe Anja und die liebe Bea kennengelernt habe und natürlich auch im Umkehrschluss meine beiden Jungs bekommen habe.
Also keine bösen Gedanken.


Alles ist gut :)

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